(aus dem Südkurier vom 22.07.2008 )

Chor hinter Scheiben: Die Zoff Voices konzertierten gemeinsam mit der Südwestdeutschen Philharmonie
hanser

Es ist Samstagmorgen, 10 Uhr, der Chor Zoff Voices bereitet sich im Konzil auf den gemeinsamen großen Auftritt mit der Südwestdeutschen Philharmonie vor. Sie haben sich bereits mit Singübungen aufgewärmt, doch die Probe muss um eine Stunde verschoben werden. Zwei der Chordamen nutzen die Gelegenheit und machen sich in der Stadt auf die Suche nach Strass-Steinen. Mit geübtem Auge haben sie erkannt, dass am Konzertabend auffallende optische Reize gefragt sind. Der Chor ist ganz hinten auf der Bühne positioniert. Zwischen ihm und dem Publikum ist eine Plexiglaswand aufgestellt, um empfindliche Orchesterohren vor dem Schlagzeug zu schützen.

Dirigent Michael Dixon, Professor für Musicalgesang an der HdK in Berlin, erhebt den Taktstock. Die Generalprobe beginnt. Angespannte Stille. Die angekündigten Perlen des Pop in neuem orchestralen Gewand‘ sollen endgültig zum Schimmern gebracht werden. Ziel ihrer Arbeit ist, den Crossover von Klassik und Pop, so wie ihn Luciano Pavarotti & Friends oder Montserrat Caballé und Freddy Mercury vorgemacht haben zum Klingen zu bringen. Keine leichte Aufgabe. Hier trifft ein Profiorchester auf einen Laienchor. Zwei Musikwelten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, musizieren erstmals gemeinsam: Für die Einen sind die Proben bezahlte Arbeitszeit, für die Anderen Freizeit. „Die reale Arbeit, die in dieses Konzert geflossen ist, ist unbezahlbar“, betont Werner. Michael Dixon betritt um kurz nach 20 Uhr am Sonntagabend die Konzilbühne. Es wird still. Jetzt gilt es. Dixon muss die Anstrengungen der insgesamt zweijährigen Vorbereitungszeit zusammenführen.

„Wir betreten Neuland!“ heißt es gleich zu Anfang im Sprechchor. Das klingt wie ein Motto für den Abend: „Wir sind nicht gewohnt, auf den Beat zu spielen“, erklärt ein Orchestermitglied, „aber das nimmt mit, das macht Laune!“ Und so insistiert auch der Chor: „In der Bewegung liegt die Kraft!“. Mit einem langen hörbaren Ausatmen endet das Stück, als wollten sie sagen: Endlich ist er da, dieser Abend! Die musikalischen Perlen, die Dirk Werner, Michael Dixon, Zoff Voices, Begleitband und Südwestdeutsche Philharmonie präsentieren, schlagen einen Reigen durch die Popgeschichte. Da ertönt emotional sehr bewegend Hijo de la Luna‘ von Mecano, zwei A-cappella-Einlagen, True Colors‘ von Cyndi Lauper und Here Comes the Rain Again‘ von Eurythmics gehen unter die Haut, ebenso vertreten sind Sting mit Englishman in New York‘, Spandau Ballet, Joe Jackson und die Fantastischen Vier. Spätestens beim ABBA-Medley im zweiten Teil des Konzerts ist das Eis gebrochen. Das Publikum wippt begeistert mit. Dixon lässt anklingen, warum diese Musik direkt ins Herz geht: „Ohne Rhythmus kein Leben!“ Er geht in die Knie und schwingt die Hüften. Die Chorfrauen klatschen versetzt den Takt.

Dass sich die Erarbeitung eines quasi komplett neuen Repertoires gelohnt hat, beweist das Publikum. Es beglückwünscht die Konzertierenden mit minutenlangem Beifall im Stehen. Dirk Werner setzt den Schlusspunkt des Abends. „Close Your Eyes“, singt er mit sanfter Stimme und das Publikum darf sich noch einmal fallen lassen, in den weichen satten Sound von Chor, Band und Orchester, die sich an diesem Abend, so steht zu hoffen, für weitere Projekte gefunden haben. „Good Night, Everybody!“, flüstert er zum Abschied. Dann verklingt der letzte Ton. (cad)

Bilder im Internet:

www.suedkurier.de/bilder (20.07.08: Zoff n orchestra im Konzil)

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Von Janni