Kurz nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, war ich bei meinem Hausarzt. Die OP-Wunden müssen versorgt werden, einige Medikamente werden noch benötigt (Schmerzmittel, Mittel zur Verdauung etc.), und überhaupt, wie geht’s denn jetzt weiter?
Mich beschäftigte zu diesem Zeitpunkt in erster Linie mein Ileostoma. Schließlich muss ich mich jeden Tag darum kümmern. Aber mein Hausarzt meinte nur lapidar, das wäre ja eh nur ein Nebenschauplatz. Vielleicht hatte er damit Recht, aber in der ersten Zeit hat mich das Stoma am meisten belastet:
- Die ersten Tage hatte ich ziemliche Rückenschmerzen, da ich komisch gelaufen bin. Nicht richtig aufrecht, sondern eher nach vorn gebeugt, als wenn ich da einen tonnenschweren Beutel am Bauch tragen würde (die Beutel fassen irgendwas zwischen 450 und 470 ml). Ich musste mich dann regelrecht überwachen, damit ich normal aufrecht gehe. Dann wurde auch der Rücken wieder besser.
- Mehrmals am Tag den Beutel leeren, der den Darminhalt auffängt (bei einem Stoma am Dünndarm, fällt das Eindicken des Stuhls weg, das übernimmt sonst der Dickdarm, der aktuell stillgelegt ist und an Langeweile leidet. Entsprechend viel Stuhl entsteht).
- Und zwar nicht nur tagsüber, sondern auch nachts. Anfangs musste ich zweimal in der Nacht aufstehen um den Beutel zu leeren. Mittlerweile reicht einmal in der Nacht, Schlaf kommt aber immer noch etwas kurz (danach wieder einschlafen ist schwierig). Aber eine Sauerei im Bett… neeee.. die will ich dann noch weniger.
- Anfangs alle zwei Tage (später dann jeden Tag) muss ich die Stoma-Versorgung wechseln. Dabei wird rund um das Stückchen Darm, das aus dem Bauch guckt, eine Platte auf den Bauch geklebt, an der ein Beutel befestigt wird (oder schon direkt befestigt ist). – Das klingt nicht so schwierig, kann es aber werden, denn ich kann den Dünndarm in seiner Arbeit nicht beeinflussen. Wenn der gerade arbeitet und den Darminhalt durch die Gegend schiebt, dann ist dem egal, ob ich da grad den Beutel/die Platte entfernt habe oder nicht. Die Umgebung muss aber super sauber sein, bevor ich eine neue Platte aufklebe. Denn die Verdauungssäfte, die im Darm ja eine tolle Aufgabe übernehmen, schädigen die normale Haut enorm. Und so hatte ich anfangs wunde Haut, Schmerzen und war überhaupt einfach nur genervt.
- Anfangs konnte ich nur auf der linken Seite liegen, mittlerweile geht auch rechts, ohne dass es zu dolle drückt. Durch die ständig gereizte Haut ums Stoma, hat jeder Druck auf die Platte geschmerzt.
- Die ersten Radfahrten waren begleitet von der Angst, dass sich durch den Schweiß die Platte vom Bauch lösen könnte. Von den Schmerzen bei jedem Hubel, der den Beutel und damit die Platte vibrieren ließ. Dem klebrigen, kratzenden Gefühl, wenn der obere Teil des Beutels auf der Haut scheuerte.
Mittlerweile – und einige Hersteller von Stoma-Versorgungen später – habe ich mich so halbwegs mit dem Stoma arrangiert. Ich wechsle nun täglich den Beutel, da ich das System nicht so dicht bekomme, dass es nicht nach 36h die Platte unterwandert und sich die Haut immer wieder entzündet. Den perfekten Zeitpunkt zum Wechsel habe ich immer noch nicht gefunden, aber meistens bekomme ich es trotzdem ganz gut hin.
Weil mein Stoma recht weit oben sitzt, trage ich zum Stützen des Beutels sogenannte Stoma-Bandagen aus Stoff. Im Prinzip wie ein Schlauch um den Bauch, in dem eine kleine Tasche eingenäht ist, die den Beutel hält (Dank geht an meine Mum, die ihre neu gefundene Leidenschaft zum Nähen hier wunderbar ausleben konnte 🙂 ). Das ist im Grunde ganz okay, aber ich merke den Beutel trotzdem ständig.
Was immer noch ein täglicher Kampf ist – trinken. Da man durch das Ileostoma mehr Flüssigkeit verliert, der Dünndarm kann bei weitem nicht so viel zurückgewinnen wie der Dickdarm, muss man mehr trinken, damit genug für die Nieren übrig bleibt. Hinzukommt noch eine Nebenwirkung vom Krebs-Medikament – dazu an andere Stelle mehr. Ich versuche mind. 2,5 Liter Tee zu trinken. Das Tee machen klappt ganz gut, meist ist er aber schon kalt, wenn ich dran denke ihn auch zu trinken – zum Glück hat mal jemand die Mikrowelle erfunden.
Da mein Dickdarm aktuell Ruhepause hat (was ihn allerdings nicht davon abhält trotzdem Schleim zu produzieren, der dann doch auch raus will – natürlich auch mehrmals am Tag, wenn ich eh schon so oft auf dem Klo bin), bedeutet das auch, dass meine Intoleranzen (Laktose und Fruktose) aktuell Pause haben. Das ist sozusagen das einzig Positive, dass ich aus dem Stoma ziehen kann – Obst und Milchprodukte essen ohne Darmkrämpfe. Allerdings nerven Ballaststoffe im Stoma (irgendwas ist ja immer).