Wie bereits erwähnt, erhalte ich als adjuvante Behandlung eine sogenannte Targeted Therapy. Im Gegensatz zu einer „normalen“ Chemotherapie, werden nicht einfach alle sich schnell teilenden Zellen angegriffen (was daher meist zu Haarausfall führt, die Haare wachsen nämlich recht schnell), sondern die Krebszellen werden recht spezifisch angegriffen.
GIST entsteht häufig (95 % der Fälle) durch eine Mutation im KIT oder PDGFR Gen. KIT codiert einen Tyrosin-Kinase-Rezeptor in der Zellmembran verschiedener Zellen, der im Normalzustand inaktiv ist und erst durch den Stammzellfaktor (SCF) aktiviert wird. Und nur im aktiven Zustand kann die Zelle sich weiter entwickeln.
Bei mir gab es im Tumor eine Mutation im Exon 11 des KIT-Gens. Hier gingen zwei Aminosäuren (K557, W558) verloren, was dazu führt, dass der Tyrosin-Kinase-Rezeptor die ganze Zeit aktiv ist. Die Zellen werden also nicht mehr durch den Stammzellfaktor im Wachstum kontrolliert, sondern wachsen wie es ihnen gerade passt: unkontrolliert und wuchernd.
Vor knapp 20 Jahren wurde ein sogenannter Tyrosin-Kinase-Inhibitor (TKI) entwickelt, der auch bei den meisten GIST-Varianten wirksam ist: Imatinib. Die dauerhaft aktiven Rezeptoren werden blockiert und der Krebs kann nicht weiter wachsen. Preadjuvant (also vor der OP angewandt) kann die Behandlung auch zu einer Verkleinerung des Tumors führen und somit das OP-Ergebnis verbessern.
Auch wenn mein Primärtumor erfolgreich entfernt wurde, besteht bei GIST immer das Risiko eines Rezidiv, also der Neubildung des Tumors an der gleichen Stelle. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass vor der Entfernung doch noch einzelne Tumorzellen auf Wanderschaft gegangen sind und nun an anderen Stellen im Körper Metastasen bilden.
Da mein Rezidivrisiko sehr hoch ist, erhalte ich Imatinib als adjuvante Therapie. Vorerst für 3 Jahre, vermutlich aber mein Leben lang. Ich kann mich damit glücklich schätzen, vor der Entwicklung des Medikaments sind die meisten Menschen mit der Diagnose GIST recht schnell verstorben.
Auch wenn mit einer Targeted Therapy der Krebs sehr gezielt angegriffen werden kann, ganz ohne Nebenwirkungen ist eine solche Behandlung leider nicht. Denn auch gesunde Zellen besitzen Tyrosin-Kinase-Rezeptoren, an die das Medikament ebenfalls binden kann. Die Liste der möglichen Nebenwirkungen ist lang, aber bei welchem Medikament ist sie das nicht.
Manche Nebenwirkungen treten recht bald auf, andere brauchen etwas länger, bis man sie bemerkt. Daher werde ich nach und nach darüber berichten und auch versuchen, die Einträge aktuell zu halten, denn eine Hoffnung wurde mir gemacht: nach 6 Monaten sollen die meisten Nebenwirkungen schwächer werden. Let’s see.